„Vaterunser – das Gebet Jesu und der ökumenischen Christenheit“
21.01.2015, Haus am Dom, Minden
Referent: Prof. Dr. Norbert Mette
In einem Vortrag mit dem Titel „Vaterunser – das Gebet Jesu und der ökumenischen Christenheit“ interpretierte Professor Dr. Norbert Mette die Aussagen des Vaterunser. Der Vortrag fand am 21. Januar im Haus am Dom statt. Katholisches Bildungswerk und Evangelisches Erwachsenenbildungswerk hatten zu der Veranstaltung eingeladen.
Das Vaterunser sei, so Mette, ursprünglich auf aramäisch, der Muttersprache Jesu, formuliert, habe sich dann aber in der griechischen Version – Griechisch sei die Weltsprache den damaligen Zeit gewesen – in der Christenheit verbreitet. Jesus habe es auf dem Hintergrund seines jüdischen Glaubens gesprochen. Mit der Anrede Gottes als „unser Vater“ werde Gott nicht als Patriarch im Sinne der damaligen Zeit angesprochen, sondern sie nehme die Beter mit hinein in Jesu Erfahrung mit dem Vater, den er „Abba“ (lieber Vater) nenne und den er im Gleichnis vom verlorenen Sohn charakterisiert habe. Der Zusatz „im Himmel“ Verweise auf die Unverfügbarkeit Gottes.
In der Bitte „geheiligt werde dein Name“ gehe es um den Namen Jahwe, den Juden aus Ehrfurcht nicht aussprächen. Er beinhalte die Zusage Gottes, immer da zu sein bei den Seinen und für die Seinen. Die Heiligung des Gottesnamens bestehe darin, sich nicht in sich selbst zu verschließen, sondern wie Gott für die Menschen da zu sein.
In der Bitte „dein Reich / deine Herrschaft komme“ gehe es um den Sturz der Mächtigen, der Unterdrücker, und um Gerechtigkeit für die Armen und Kleinen. Die Botschaft von der Gottesherrschaft sei subversiv und habe deshalb zur Verurteilung Jesu durch die Mächtigen der Zeit geführt.
„Dein Wille geschehe“ bitte darum, dass Gottes Plan mit den Menschen und mit seiner Schöpfung Wirklichkeit werde und enthalte die Aufforderung an die Menschen, sich mit ihrem Engagement hier einzubringen statt sich resigniert zurück zu ziehen.
Die Bitte um das tägliche Brot (besser: „um das Brot, das wir brauchen“) beziehe sich auf Materielles ebenso wie auf Nahrung für die Seele, auf Zuwendung. Im materiellen Sinne betrachtet, sei sie weniger eine Bitte für uns als ein stellvertretendes Gebet für die Armen.
In der Bitte „vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern“ gehe es vor allem darum, zu seiner Schuld zu stehen, sie nicht zu verdrängen, auf Gottes Vergebung zu vertrauen, selbst zur Vergebung bereit zu sein, den Schuldner damit aus seinem Verhaftetsein an die Vergangenheit zu befreien und so die Beziehung zum anderen in Ordnung zu bringen.
Die Bitte „und führe uns nicht in Versuchung“ deutete Mette, ausgehend von der Sündenfallerzählung im alten Testament und der Geschichte von der dreifachen Versuchung Jesu durch den Teufel so, dass ein falsches Gottesbild im Menschen den Wunsch wecken könnte wie Gott zu werden, sich an seine Stelle zu setzen und Menschen und Natur zu unterwerfen. Man müsste sich fragen: „Dürfen wir alles machen, was wir können?“, vor allem aber auch: „Tun wir alles (gegen Hunger, Krankheiten und Ungerechtigkeit) was wir können?“
(Tilmann Hitzler-Spital – Text und Foto)