„Die armer Kirche als Spur Gottes in unserer Kirche“

23.09.2015, Haus am Dom, Minden
Referent: Prof. Dr. Elmar Salmann

„ Die arme Kirche als Spur Gottes in unserer Zeit“ – unter diesem Titel sprach im Haus am Dom am Mittwoch, den 23. 09. Prof. Dr. Elmar Salmann, Benediktinermönch im Kloster von Gerleve. Katholisches Bildungswerk und Evangelisches Erwachsenenbildungswerk hatten zu der Veranstaltung eingeladen.

In einem Schnelldurchgang durch die Geschichte des Judentums und des Christentums zeigte Salmann auf, dass die Motive des Wanderns (der Migration), der Armut, des Exils für beide Religionen konstitutiv seien. Er verwies u.a. auf Israels Auszug aus Ägypten, seine Wüstenwanderung, das Babylonische Exil und auf den Glauben Israels an einen Gott, der mit seinem Volk gehe und es zum Wagnis, zur Entdeckung neuen Dimensionen ermutige. Auch die christliche Kirche sei – mit Jesus und Paulus – auf das Wirken von Wanderpredigern gegründet.

Dem stellte Salmann die Tendenz der Religionen zu festen Formen, zur Institutionalisierung, das Streben nach Sicherheit und Beständigkeit, auch nach Macht und Prachtentfaltung gegenüber. Sie zeige sich etwa zur Zeit Kaiser Konstantins, im Mittelalter und in der Renaissance: Armut und Ungesichertheit halte der Mensch auf die Dauer nicht aus – auch nicht in der Religion: Auch in Gott suche er Beständigkeit und Zuverlässigkeit und Sicherheit. Immer seien aber auf derartige Epochen Gegenbewegungen gefolgt, etwa das franziskanische Mönchtum als Reaktion auf die Machtentfaltung der Kirche im Mittelalter oder Luthers Reformation als Antwort auf die Prachtentfaltung der Renaissancepäpste. Dabei sei es immer um Einfachheit, Radikalisierung gegangen.

Die letzte Epoche kirchlicher Macht- und Prachtentfaltung sei mit Papst Pius XII. Zu Ende gegangen. Die heutige Kirche sei noch immer mit den Zerfallserscheinungen dieser Gestalt von Kirche konfrontiert: Die Kirchen leerten sich, kirchliche Moral und Dogmatik verliere ihre Bedeutung, Zahl und Größe der kirchlichen Immobilien entspreche nicht mehr dem Bedarf. In diesem Prozess des Niedergangs, so hofft Salmann, zeige sich die Spur Gottes, werde etwas Neues aus der Taufe gehoben: ein Glaube, der – dem modernen Menschen entsprechend – vielfältiger, demokratischer sein und Widersprüche aushalten könne. Salmann zitierte Niels Bohr: „Es gibt triviale Wahrheiten und es gibt große Wahrheiten. Das Gegenteil einer trivialen Wahrheit ist einfach falsch. Das Gegenteil einer großen Wahrheit ist auch wahr.“

(Tilmann Hitzler-Spital – Text und Foto)  

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