„Kann Kirche Reformen?”
12.02.2016, Haus am Dom, Minden
Referent: Prof. Gerhard Kruip
Am 12. Februar 2016 referierte Prof. Gerhard Kruip über die Römische Bischofssynode zu Ehe und Familie unter der Fragestellung „Kann Kirche Reformen?” im Haus am Dom in Minden.
Auf Einladung des Katholischen Bildungswerkes Minden und in Kooperation mit dem Evangelischen Erwachsenenbildungswerk berichtete der Sozialethiker und Anthropologe Prof. Dr. Gerhard Kruip von der Universität Mainz im Haus am Dom über die Bischofssynode in Rom vom vergangenen Herbst über Ehe und Familie.
Der Synode war ein zweijähriger Vorbereitungsprozess mit Befragung der Laien in allen Diözesen der Welt vorgeschaltet. Gerade im deutschsprachigen Raum, wo die Ergebnisse von der Deutschen Bischofskonferenz zusammengefasst wurden, ergab sich eine sehr große Diskrepanz zwischen der offiziellen Lehre der Kirche und dem, was die meisten Katholikinnen und Katholiken denken und leben. Prof. Kruip nannte hier die vier „heißen Eisen”: Wiederverheiratete Geschiedene, außerehelicher Geschlechtsverkehr, Empfängnisverhütung und Homosexualität. Aus seiner Sicht sei die „traditionelle Sexualfeindlichkeit” der Kirche, die Sexualität auf die Zeugung von Kindern reduziere, „heute so nicht mehr nachvollziehbar”. Vielmehr habe sie weitere, in sich wertvolle Funktionen, wie die Stärkung der Bindung zwischen den Partnern, die dem Wunsch nach lebenslanger Übernahme der Verantwortung füreinander und für Kinder förderlich sei.
Gerade der Aspekt der Verantwortung müsse zu einer Neubetrachtung der vier „heißen Eisen“ führen. Insbesondere die Verantwortung für Kinder von wiederverheirateten Geschiedenen und die Verantwortung füreinander in homosexuellen Partnerschaften müsse stärker berücksichtigt werden. In diesem Sinne heiße es auch im Abschlussdokument der Bischofssynode: „In der Perspektive des Glaubens gibt es keine Ausgeschlossenen: alle sind von Gott geliebt und liegen der Kirche in ihrem pastoralen Handeln am Herzen.“
Zur Eingangsfrage des Vortrags „Kann Kirche Reformen“ gab Prof. Kruip die Einschätzung, dass in der Bischofssynode „wirklich offen und kontrovers diskutiert” sowie die Vielfalt wahrgenommen wurde, was Hoffnung gebe für die „Offenheit für eine gewisse Dezentralisierung”. Aber Papst Franziskus sei „sicherlich noch kein irreversibler Durchbruch“ gelungen. Dazu sei die „enorme Ungleichzeitigkeit in der Weltkirche“ zu groß, was er mit den Kommunikationsproblemen z.B. des Bischofs von Hamburg mit Bischöfen aus Afrika über das Thema Homosexualität veranschaulichte. In den Worten des Papstes heiße es dazu: „Was einem Bischof eines Kontinentes als normal erscheint, sich für den Bischof eines anderen Kontinents als seltsam, beinahe wie ein Skandal herausstellen kann.“ In seiner Schlussansprache habe Papst Franziskus an die Barmherzigkeit Gottes erinnert und mit Markus 2,27 darauf verwiesen, dass „die Gesetze und die Gebote, für den Menschen geschaffen sind und nicht umgekehrt“.
Ulrich Stadtmann – Vorsitzender des Katholischen Bildungswerkes Minden