Wie alles begann
Die Anfänge der Partnerschaft sind verbunden mit dem Genozid in Ruanda im Jahr 1994. Wenige Monate danach gab es die ersten direkten Kontakte zur Region und Pfarrgemeinde Ruli in Ruanda durch die Initiative der Realschule Bad Oeynhausen – Süd.
Danach, 2005 und 2008, besuchten Abbé Gallican Ndayisaba, Abbè Théophile, Abbé Jean Claude Muvandimwe und Abbé Fulgence Hitayezu aus Ruli die Pfarrei St. Walburga und nahmen an einigen Sonntagsgottesdiensten teil. Das „Eine-Welt-Projekt“ von Schulen aus Bad Oeynhausen und Porta Westfalica hatte sie nach Deutschland eingeladen. Durch diese Begegnungen entstand in St. Walburga der Wunsch, mit der Gemeinde St. Dominic in Ruli, Ruanda, in Kontakt zu kommen. Zunächst erfolgte dies durch E-Mails und zwei private Besuche in Ruli.
Der ehemalige Pastoralverbund „Weserbogen“ hat am 01. Juli 2010 offiziell die Partnerschaft mit der Pfarrgemeinde St. Dominic in Ruli, Ruanda beschlossen. Der Vertrag wurde später auf den Pastoralen Raum „WerreWeser“ ausgeweitet. Laut Pastoralvereinbarung von 2018 ist die Partnerschaft auch „Projekt Weltverantwortung im Pastoralen Raum“.
Die Fotogalerie von der Ruandareise 2017, viele Beiträge zu Partnerschafts-Aktionen in unseren Gemeinden und Reiseberichte findet man auf der Webseite von St. Walburga.
Ruanda, “das Land der 1000 Hügel”
Die Region Ruli ist – wie ganz Ruanda – sehr hügelig und von der Landwirtschaft geprägt. Das Klima wechselt zwischen Trocken- und Regenzeiten. Die folgenden Details sind einer Erhebung der Erzdiözese Kigali um 2006 entnommen: Danach besteht die Region aus 30 Dörfern mit etwa 19000 Einwohnern, davon sind fast 90% Katholiken. Es gibt ca. 3200 Haushalte mit durchschnittlich 5 Personen.
In 16% dieser Haushalte essen die Menschen ein einziges Mal am Tag, 27 % der Familien können einmal im Monat Fleisch essen; etwa 43 Menschen leben in extremer Armut, 66 sind Straßenkinder, 73 Aidswaisen. Das Wasser wird von Zapfstellen meist von Kindern in Kanistern in die Häuser getragen. Abgesehen von Krankenhäusern, Schulen, der Pfarrei und Geschäften im Einkaufszentrum von Ruli verfügen noch etwa dreißig Haushalte über Elektrizität in den Häusern.
[Anmerkung: Die wirtschaftliche Situation in Ruli hat sich im Rückblick – 2017 – erheblich verbessert. Das wird deutlich beim Hausbau, in den Bereichen Elektrizitäts- und Wasserversorgung und an der Zahl von Geschäften und Bankfilialen vor Ort.]
Die Alterstruktur ist in Ruanda ist ganz anders als in Deutschland: 42% sind Kinder unter 14 Jahren; 55% Menschen zwischen 15 – 64 Jahren; über 65 Jahre alt sind nur 3%. Ähnlich stellt sich das auch in der Region Ruli dar.

Die Pfarrerei St. Dominic
Die Pfarrerei Dominic umfasst etwa den ganzen Verwaltungsbezirk Ruli und besteht aus 5 Pfarrbezirken, die von 2 – 3 Priestern und vielen Katecheten betreut werden. Die kirchliche Arbeit ist schwierig, weil es kein ausgebautes Straßen- und Verkehrssystem gibt. Die Straßen, besser Wege, sind während der Regenzeit kaum zu befahren. Meist geht man zu Fuß, Fahrräder sind wichtige Transportmittel, private Autos die Ausnahme.
Um die Kommunikation mit St. Dominic und unserem Pastoralverbund zu verbessern, erhielt die Pfarrei Ruli von uns im Jahr 2009 über die Erzdiözese Kigali einen Computer mit allem wichtigen Zubehör.
Projekt – Team „Partnerschaft“ im Pastoralverbund
Im Pastoralverbund plante und arbeitete ein Team für das „Projekt Partnerschaft mit St. Dominic“. Konkret ging es u. a. um die Öffentlichkeitsarbeit im Pastoralverbund, um die Partnerschaft bekannt zu machen, um Aktionen zur Unterstützung der Pfarrgemeinde St. Dominic durch unsere Pfarrgemeinden, um die Kommunikation mit unseren Partnern in Ruanda, um die Organisation von Besuchen aus Ruli in Deutschland und umgekehrt.
Für sein Engagement in Ruanda erhielt das Partnerschaftsprojekt 2014 den „Pauline-von Mallinckrodt-Preis“ der CaritasStiftung des Erzbistums Paderborn (I. Preis, dotiert mit Euro 2.500).
Besuche aus Ruli und Besuche in Ruli
Zum ersten Mal hatte unser Pastoralverbund im Jahr 2010 offiziell Gäste aus Ruli eingeladen: Gérard Murasira (Vorsitzender Caritas Ruli) und Abbé Jean-Pierre Rushigajiki. Auf vielen Veranstaltungen im Pastoralverbund bestand die Möglichkeit sie kennenzulernen. Dadurch wurde die Partnerschaft bekannter und intensiviert. 2015 besuchte der Generalvikar der Erzdiözese Kigali, Msgr. Jean Claude Muvandimwe, unsere Region, 2018 Abbé Gaudiose Mpawenayo und Christian Mizero.
Gegenbesuche in Ruanda aus unserem Pastoralverbund fanden 2011, 2015 und 2017 statt. Sie waren immer mit primärer Hilfe in Ruli verbunden durch Einkauf von Stoffen und von Waren, die in von Frauen betriebenen Kooperativen hergestellt werden. Das waren z. B. Flecht- und Textilarbeiten sowie kunsthandwerkliche Erzeugnisse, die dann in Deutschland für die Partnerschaft verkauft wurden.
Die für das Jahr 2020 vorbereitete Reise musste wegen der Corona-Pandemie abgesagt werden, konnte aber 2024 nachgeholt werden.

Hilfen für St. Dominic
Anfangs nahmen Gemeindemitglieder und Freunde Geschenke und Spenden mit nach Ruanda – ohne dass dadurch Kosten entstanden. Geldbeträge konnten so in bar direkt der Pfarrei St. Dominic übergeben werden. Später erfolgten alle Überweisungen nach Ruli über unser eigenes Devisen – Konto bei der Bank of Kigali. Die Verwendung dort erfolgte nach Absprache mit dem Partnerschaftskomitee Ruli und wurde von der Pfarrei St. Dominic nachgewiesen. 2018 wurde Christian Mizero von unserem Partnerschaftskomitee mit der Kontrolle der Verwendung der bereit gestellten Finanzmittel beauftragt. Auch ist er im Partnerschaftskomitee Ruli und in der Pfarrei unser offizieller Repräsentant.
Unterstützung erhielt die Pfarrgemeinde u. a. für die Finanzierung von/für:
- Arbeits- und Hilfsmitteln, z. B. 2019 den Kauf eines Motorrads für die Verbesserung der Caritasarbeit und der Gemeindebetreuung,
- Fortbildungsveranstaltungen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Bereich Katechese, Ferienaktionen für Kinder und Jugendliche, wichtigen Gemeindeveranstaltungen,
- Berufsausbildungsangebote (Maurer, Schreiner, autogenes Schweißen) für arbeitslose Jugendliche.
Der Katechet Jean Bosco Mpagazehe leistet seit vielen Jahren in St. Dominic gute Arbeit. Er ist verheiratet und hat sechs Kinder. Unser Pastoralverbund hat für Jean Bosco seit Juli 2010 die Gehaltszahlung übernommen. Er erhält monatlich ein Gehalt im Gegenwert von € 50,00 und ist nicht mehr so sehr durch Nebenjobs belastet, um seine Familie versorgen zu können.
Die Caritas – St. Dominic
Die Caritas in Ruli wird durch Spenden unterstützt, z. B. bezahlte die Caritas damit für
- bedürftige Familien die Krankenversicherung, den Kindergartenbesuch,
- kauft für Witwen und arme Familien Dächer aus Blech (sie sind das teuerste am Haus) und ermöglicht ihnen so den Hausbau, denn die Mauern usw. werden in Eigenarbeit hergestellt. Nach Naturkatastrophen wurde auch der Kauf von Blechdächern finanziert.
- Schulungstage für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Caritas Ruli,
- Kurse im Lesen, Schreiben, Rechnen und Englisch für Erwachsene mit geringer Schulbildung, häufig sind das Frauen.
Das bewegendste Projekt, auch das einzige, das wir direkt bei einem Aufenthalt (2017) in Ruli beschlossen haben, war die Beinoperation von Placidia. Das Mädchen hatte eine deutliche Gangstörungen wegen einer Verletzung am Bein. Abbé Emmanuelle, zugleich ausgebildeter Krankenpfleger, nahm sich auf unsere Bitte des Problems an und teilte uns die Diagnose der Ärzte mit: Knochenhautentzündung des Schienbeins mit Knochennekrose mit umgebender Weichteilentzündung. Ohne gezielte Intervention würde Placidia ihr Bein verlieren. Gemeinsam mit Abbé Emmanuelle erstellten wir einen Kostenplan, prüften die Finanzierbarkeit der Behandlung und beschlossen die nötigen Schritte sofort einzuleiten. Ein hinzu gezogener Spezialist operierte Placidia im Krankenhaus Ruli (Knochenabtragung, Weichteilentfernung und Wundabdeckung) mit sehr gutem Erfolg. Die regelmäßige Wundbehandlung und Kontrolle erfolgten im Krankenhaus und später durch geschultes ambulantes Pflegepersonal in häuslicher Umgebung. Ein gravierendes Probleme bei einer wirksamen Wundbehandlung ist ein ausreichender Ernährungszustand. Wie aber lässt sich der realisieren, in einer armen Familie mit 10 Kindern? Spezialnahrung nur für Placidia wäre undenkbar. So haben wir die Nahrungsmittelversorgung der ganzen Familie verbessern müssen. Placidia ist völlig genesen und ohne eine Behinderung.
Der Studien- und Ausbildungsfond
Der Studien- und Ausbildungsfond wurde direkt nach dem Besuch einer Gruppe aus dem WerreWeser – Raum in Ruli im Jahr 2015 beschlossen. Wir hatten dort in dieser Zeit bei vielen Begegnungen von der Perspektivlosigkeit vieler mittelloser Jugendlicher nach der Schule erfahren. Es gab für sie bei der hohen Arbeitslosigkeit in Ruanda kaum Chancen auf eine Berufsausbildung. Der Studienfonds ermöglicht vom Partnerschaftskomitee, der Caritas oder der Pfarrei Ruli vorgeschlagenen Kandidaten und Kandidatinnen eine Berufsausbildung oder sogar ein Studium. Die Zusage für ein Stipendium erfolgt nur, wenn die Finanzierung im vollen Umfang gesichert ist.
Beispiele für Förderungen: Ausbildung zum Maurer, Schreiner, Automechaniker; Studium in den Bereichen Betriebswirtschaft, Tourismus und Tourismusmanagement, Medizin und Krankenpflege, Finanzwirtschaft, Pädagogik; Bezahlung der Schul- und Internatskosten für begabte Kinder aus armen Familien.
(Karl-Guido Gunia)
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